Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Schubert O. et al. Diabetes, Stoffwechsel und Herz, Band 24 6/2015

Schubert et al.: Quantität und Qualität von verfügbaren GlukoseinformationenO R I G I N A L I E N   /   O R I G I N A L A RT I C L E S 376 www.diabetologie-online.de  Diabetes, Stoffwechsel und Herz, Band 24, 6/2015 insulinabhängigem Diabetes und von ih­ ren behandelnden Ärzten dokumentiert und ausgewertet. Die Rekrutierung der Patienten in den DSPen erfolgte ohne Vorauswahl. Alle Patienten mit Diabe­ tes und Insulintherapie, die die DSP an einem zufälligen Tag zum Zweck ei­ ner Routinevisite aufsuchten und die Einschlusskriterien erfüllten, konnten an der Befragung teilnehmen. Durch die hohe Anzahl teilnehmender DSPen (n = 17), die deutschlandweite, flächen­ deckende Verteilung unter Berücksichti­ gung urbaner und ruraler Versorgungs­ gebiete und die anvisierte Anzahl von 10 bis 20 Dokumentationen pro DSP kann von einer ausreichenden Reprä­ sentation der Ergebnisse für Deutsch­ land ausgegangen werden. Der relativ hohe Anteil an Patienten mit T1DM an der Gesamtstichprobe erklärt sich durch die überproportional starke Vertretung von Patienten mit T1DM in den DSPen. Zusammenfassend bestätigen die Ergeb­ nisse der Datenerhebung, dass Patienten mit Diabetes und Insulintherapie ihre Glukosewerte häufig unzureichend do­ kumentieren. Ein Fünftel der Patienten brachte zu den Routineuntersuchungen in den DSPen keine Glukosedaten mit, ein weiteres Fünftel präsentierte weni­ ger als 3 Glukosewerte pro Tag für die letzten sieben Tage vor der Visite. Hier­ bei gab es keinen Unterschied zwischen Patienten mit T1DM und T2DM. Im Vergleich zu publizierten Daten aus den USA erscheint der Anteil der Patienten, die keine Glukosedaten zu den Routi­ nevisiten mitbringen, in Deutschland geringer zu sein. So bringen 42 % der Patienten mit Diabetes und Insulinthe­ rapie in den USA nicht regelmäßig ihre Glukosewerte mit zu den Routinevisiten (1). Eine Datenerhebung aus Deutsch­ land aus dem Jahr 2010 kommt zu dem Schluss, dass 63 % der befragten Pati­ enten mit Diabetes, die regelmäßig ih­ ren Blutzucker messen, ihre gemesse­ ne Blutzuckerwerte „fast immer“ do­ kumentieren, 9 % ihre Werte hin und wieder notieren und 24 % die Werte nie dokumentieren. Bei den Befragten mit intensivierter Insulintherapie (ICT) sind es 30 %, die ihre Werte so gut wie nie dokumentieren (7). Wurden Glukosedaten dokumentiert, waren handschriftliche Notizen in bei­ den Gruppen die häufigste Variante der Dokumentation. Patienten mit T2DM nutzten diese Variante im Vergleich zu Patienten mit T1DM signifikant häu­ figer. Insgesamt waren Patienten mit handschriftlichen Notizen tendenziell älter als der Studiendurchschnitt, was eine gewisse Aversion gegenüber elek­ tronischen Dokumentationsformen ver­ muten lässt. Allerdings muss die Form der Dokumentation nicht notwendi­ gerweise durch den Patienten getrieben sein, sondern kann auch durch den be­ handelnden Diabetologen angewiesen, vorgegeben bzw. bevorzugt werden. Auch in diesem Punkt stimmen unsere Daten mit denen früherer Datenerhe­ bungen aus Deutschland überein. Dem­ nach nutzten im Jahr 2010 ca. 87 % ein handschriftliches Tagebuch und nur 12 % ein elektronisches System zur Do­ kumentation (7). Nach eigener Aussage hatten die meisten Patienten keine Blutzuckerwerte unter 70 mg/dl ohne Symptome einer Unter­ zuckerung innerhalb der letzten vier Wo­ chen, nahmen Symptome einer Unterzu­ ckerung bei Werten von < 70 bis ≥ 50 mg/ dl wahr und schätzten die eigene Wahr­ nehmungsfähigkeit für Unterzuckerun­ gen als hoch oder sogar sehr hoch ein. Diese Aussagen legen den Schluss nahe, dass für die meisten Patienten mit Dia­ betes und Insulintherapie in Deutschland Hypoglykämien subjektiv keine besonde­ re Herausforderung darstellen bzw. dass sich die meisten Patienten ausreichend geschult fühlen, um effektive Vorsorge­ maßnahmen zu treffen. Demgegenüber steht allerdings die Tatsache, dass 11,9 % aller befragten Patienten angaben, im vergangenen Jahr mindestens eine Hypoglyk­ämie erlebt zu haben, bei wel­ cher sie Hilfe durch Dritte in Anspruch nehmen mussten. Darunter war auch ein relevanter Anteil an Patienten mit Typ- 2-Diabetes (9,0 %), wenngleich Patienten mit Typ-1-Diabetes erwartungsgemäß si­ gnifikant häufiger von dieser Art der Hy­ poglykämien betroffen waren (20,5 %). Ein ähnliches Bild beschreibt die ärztliche Perspektive. Insgesamt beurteilten Ärzte Ein Fünftel der Patienten ­brachte zu den Routine- untersuchungen in den DSPen keine Glukosedaten mit. F Ü R D I E P R A X I S Um die Quantität und die Qualität der Glukosedaten, die Patienten mit Diabetes zur Routinevisite mit in die diabetologische Schwerpunktpraxis bringen, zu analysieren, wurde im Rahmen eines Versorgungsforschungsprogramms eine nationale, multi- zentrische Datenerhebung an Erwachsenen mit Diabetes mellitus und Insulinthera- pie durchgeführt. In 17 DSPen in Deutschland wurden die Daten von 314 Patienten erfasst. Ergebnisse: ⦁⦁ Bei 41,9 % der Routinevisiten lagen entweder gar keine Glukosedaten vor (20,6 %) oder es wurden weniger als 3 Glukosewerte pro Tag für die letzten sie- ben Tage präsentiert (21,3 %). ⦁⦁ 11,9 % der Patienten gaben an, in den zurückliegenden 12 Monaten mindestens eine schwere Hypoglykämie erlebt zu haben, und 23,8 % berichteten, dass sie Anzeichen nur manchmal oder (fast) nie wahrnehmen, wenn ihr Blutzucker zu niedrig ist. ⦁⦁ Ärzte schätzten bei 26,4 % ihrer Patienten das Risiko für eine schwere Hypoglyk- ämie im Folgemonat als mittel oder hoch ein. ⦁⦁ Die verfügbaren Glukosedaten bewerteten Ärzte in 29,3 % der Visiten als unzu- reichend oder unbrauchbar, um eine Therapieanpassung vorzunehmen. ⦁⦁ Mehr als die Hälfte der Ärzte (50,8 %) gaben an, dass sie die Therapie weiter an- passen würden, wenn sie das Hypoglykämierisiko der Patienten besser einschät- zen könnten.

Seitenübersicht